Heinrich von Kleist reflektiert in seinem Werk auf die nur illusionäre
Sicherheit geordneter und ‚normaler‘ Verhältnisse. Regelmäßig werden die
Normen der Zivilisation, die Ordnung der Geschlechter, bürgerliche
Konventionen, Anstand, Moral und positives Recht, durchlässig für
regelloses Verhalten und Gewalt. Die sozusagen ‚realistische‘
Anthropologie, die in seinen Texten durchscheint, trägt sicherlich die
spezifische Signatur seiner Zeit, die durch eine Revolution, Kriege,
politische Umstürze und Aufbrüche geprägt war; aber gleichzeitig findet
sein Werk, das erst spät kanonisiert wurde, nach wie vor Anklang und
begeisterte Leser*innen. Es steht mittlerweile im Fokus von
Literaturwissenschaft und -didaktik, es gehört fest zum literarischen
Kanon und zum Lektürepensum des Schulunterrichts, ein wichtiger
Literaturpreis ist nach ihm benannt und die Sekundärliteratur ist fast
unüberschaubar. Im SE lesen wir literarische und theoretische Texte von
Kleist und Deutungsansätze und Methoden der Kleist-Forschung.
Als
Seminarleistung wird die Übernahme einer Textpatenschaft erwartet, die
einen Impulsvortrag zu einem Kleist-Text einschließt. Auf der
Lektüreliste des Seminars stehen „Über die allmähliche Verfertigung der
Gedanken beim Reden“ (1805), „Über das Marionettentheater“ (1810), „Das
Erdbeben in Chili“ (1807), „Amphitryon“ (1807), „Der zerbrochne Krug“
(1808), „Die Marquise von O.…“ (1808), „Penthesilea“ (1808), „Michael
Kohlhaas“ (1810).
- Kursverantwortliche/r: Dr. Stefan Born