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Hervorgegangen aus einem von der DEFA abgelehnten Drehbuch von 1963 ist Jakob der Lügner (1969) des 1937 geborenen Autors Jurek Becker in den literaturgeschichtlichen Kanon als „der erste Roman nach 1945“ eingegangen, „der die Shoah aus einer ‚komischen‘ Perspektive darstellte“. Er wurde in zwanzig Sprachen übersetzt, die erste amerikanische Ausgabe erschien bereits 1975, eine israelische 1979. Die 1974 realisierte Verfilmung durch Frank Beyer war immerhin der einzige DDR-Film, der jemals für den Oscar nominiert wurde, 1977. Bis zu seinem frühen Tod 1997 hatte Becker dagegen aufbegehrt, auf seine jüdische Identität reduziert zu werden. Dennoch blieben vereinfachende Kategorisierungen wie die im Seminartitel genannten wirksam. Dass Becker sowohl Drehbücher für Erfolgsserien im Fernsehen als auch Romane schrieb, dass er sich auch nach seiner Ausreise als DDR-Autor sah, dass seine Biographen Leerstellen im Lebensverlauf mitunter im Rückgriff auf Stasi-Akten zu füllen versuchten, dies alles sind für die Kanonisierung des Autors folgenreiche Umstände. 

Lit.: Jurek Becker: Jakob der Lügner (1969); Jurek Becker: Nach der ersten Zukunft. Erzählungen (1980); Jurek Becker: Mein Judentum (1977). In: ders.: Ende des Größenwahns. Aufsätze, Vorträge. F. a. M. 1996, S. 9-21; Gespräch mit Herlinde Koelbl im Januar 1997. In: Herlinde Koelbl: Im Schreiben zu haus. Wie Schriftsteller zu Werke gehen. München 1998, S. 16-21; „Wenn ich auf mein bisheriges zurückblicke, dann muß ich leider sagen.“ Jurek Becker 1937-1997. Dokumente zu Leben und Werk aus dem Jurek-Becker-Archiv. Hg. von Karin Kiwus. Berlin Akademie der Künste 2002.

Studienleistung: drei schriftliche Textanalysen von je einer Seite

Semester: WiSe 2022/23