„Berlin in den 1920er Jahren“ ist derzeit ein medial populäres Thema. Vor allem in Serien wie „Babylon Berlin“ werden dabei zwar manche herkömmlichen Mythen von den Goldenen Zwanzigern zurechtgerückt, aber auch andere Mythen wie die vom „deutschen Chicago“ neuerzählt. Berlin war in dieser Zeit eine Stadt voller Widersprüche. Arm und Reich, Einwanderer und Eingesessene, Revolution und Reaktion, Kapital und Kommunismus existierten nahe beieinander. Spektakuläre stadtplanerische Innovationen lagen neben lichtlosen Mietskasernen; der verkehrsreichste Platz Europas neben ländlichen Vorstadtvierteln; zentrale politische Institutionen wie der Reichstag und der Preußische Landtag trafen auf militante Straßenpolitik, esoterische Bewegungen auf protestantisches Muckertum. Anfangs und zum Ende der Weimarer Republik war die Stadt Schauplatz des Bürgerkriegs. Das Seminar interessiert sich für dieses Szenario der Widersprüche vorrangig mit Bezug auf den städtischen Raum. Es fragt nach den Praxen und den Interaktionen und versucht so, die Stadt als eine Bühne unterschiedlichster Lebens- und Handlungsformen, Interessen und Imaginationen zu untersuchen. Dabei soll nach Möglichkeit auch ein Besuch im Landesarchiv auf dem Programm stehen. Das Seminar beruht auf dem Konzept, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich möglichst bald thematisch spezialisieren und aus dieser Perspektive zum Thema beitragen können.

Semester: SoSe 2022