Das, was wir heute ganz selbstverständlich „Alltag“ nennen, war vor 1900 noch kaum der Rede wert. Erst mit der Wende zum 20. Jahrhundert wurde das Alltägliche zu einem Gegenstand wissenschaftlicher, ästhetischer, journalistischer und politischer Diskurse. Wie aber lässt sich das unselbstverständliche Interesse an den selbstverständlichen Dingen des Lebens historisch erklären? Welches Wissen wurde nach 1900 über den Alltag generiert, wie kam er in den Künsten zur Darstellung, und warum beschäftigten sich politische Denker*innen mit ihm? Das Seminar widmet sich diesen Fragen in vier Blöcken: Neben klassisch gewordenen Theorielektüren (Henri Lefebvre, Michel de Certeau, Ágnes Heller, Roland Barthes u.a.) wird es um die Geschichte der Wissenschaften des Alltags gehen (Psychologie/Psychoanalyse, Volkskunde/Ethnologie, Soziologie), um Fragen der Ästhetik und Ästhetisierung des Alltags sowie um Ansätze der Alltagserforschung in Kulturwissenschaft, Cultural Studies und Geschichtswissenschaften.
Für Geschichtsstudierende gilt der Kurs als Übung.
- Kursverantwortliche/r: Moritz Neuffer