Unter dem Schlagwort der 'Digital Humanities' hat Big Data endgültig Einzug in die Geistes- und Kulturwissenschaften gehalten. Unvordenklich große Datenmengen werden nicht mehr in mühevollen Kompendien aufbereitet, sondern online zur wissenschaftlichen Verfügung und Analyse gestellt - verbunden mit der Chance (und dem Risiko zugleich), die geisteswissenschaftliche Hermeneutik mit diesem Datenbad selbst auszuschütten. Dem menschlichen Geist erwächst parallel in Gestalt von maschinellem "Deep Learning" eine neue hermeneutische Metapher. Dem setzt radikale Medienarchäologie eine Quellenkritik von Quellcode und logischen Schaltungen entgegen, als Kunst einer operativen Hermeneutik, die daraus epistemologische Erkenntnisfunken zugunsten von 'humanities of the digital' (J. C. van Treeck) schlägt. Computing intelligence wurde in der kybernetischen und nachrichtentechnischen Informationsästhetik der 1950er bis 1970er Jahre praktiziert (Turing, Weizenbaum, Bense, Moles, et al.). Auch dieser Wiederentdeckung dient das Seminar - nicht als historische Rehabilitation, sondern unter dem Aspekt einer Wissensarchäologie von Seiten der aktuellen machine learners (Adrian Mackenzie) selbst.

Semester: SoSe 2022