Die sogenannte Weimarer Klassik ist eine schwierige und umstrittene Epoche. Nachdem sie in der Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts vor allem als Gipfelpunkt deutscher Literaturproduktion beschrieben wurde, wird sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend als Produkt fragwürdiger literaturpolitischer Bestrebungen kritisiert. Wie auch immer man zu diesen Positionen steht: Verhältnismäßig unstrittig dürfte sein, dass die Rede von der Weimarer Klassik nach wie vor wirkungsreich ist und für eine Reihe an Texten steht, die in äußerst aufschlussreicher Weise um Antworten auf die politischen, sozialen, ästhetischen und wissenschaftlichen Fragen einer sich herausbildenden, krisenhaften Moderne ringen.
Im SE wollen wir uns deshalb mit dem Phänomen ‚Weimarer Klassik‘, vor allem aber mit der Literaturproduktion der Weimarer Klassik auseinandersetzen und uns diese vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Herausforderungen der Jahre um 1800 erschließen. Am Beispiel von Texten von Goethe und Schiller soll in exemplarischen Lektüren die ästhetische Programmatik der Weimarer Klassik behandelt und ihre Ausbildung in Lyrik (Goethes Römische Elegien, die Balladen von 1797), Dramatik (Schillers Maria Stuart) und in Erzähltexten (wie etwa die Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten oder Herrmann und Dorothea von Goethe) diskutiert werden. Berücksichtigt werden sollen dabei jeweils auch die literaturgeschichtlichen Probleme, die mit der Rede von der Weimarer Klassik einhergehen.
Neben der regelmäßigen und aktiven Teilnahme am SE wird für die Studienleistung die Übernahme einer Kurzpräsentation mit Thesen und Fragen zur Sitzungslektüre erwartet.

Die Seminarlektüre wird in erschwinglichen Reclam-Ausgaben erhältlich sein, zum großen Teil aber auch auf Moodle zur Verfügung gestellt werden. Zur Einführung wird empfohlen: Cornelia Zumbusch: Weimarer Klassik. Eine Einführung, Stuttgart: Metzler, 2019.

Semester: SoSe 2022