Wissenschaft ist in Disziplinen unterteilt. Dies zeigt sich am deutlichsten in der Existenz von Fachgesellschaften oder in der Organisationsstruktur von Universitäten. Weniger sichtbar sind die dahinter liegenden fachkulturellen Differenzen, welche sich in zum Teil distinkten Formen der Wissensproduktion und Publikation, der Lehre und der Promotionsbedingungen, ja, selbst in Kleidungs- und Lebensstilen von Studierenden oder den politischen Einstellungen der Professor:innen manifestieren. Diese Differenzen und Eigenheiten werden in der Fachkulturforschung empirisch untersucht, die damit eine wichtige kultursoziologische Perspektive zur Beobachtung wissenschaftlicher Praxis anbietet.
Im Seminar werden wir uns auf der Grundlage theoretischer Konzepte zunächst verschiedene Facetten des Fachkulturbegriffs erschließen und empirische Studien zu den kulturellen Unterschieden zwischen Disziplinen diskutieren. Ein besonderer methodologischer Fokus liegt dabei auf der Unterscheidung zwischen einerseits deterministischen Ansätzen, die Fächergrenzen voraussetzen und damit einem essentialistischen Verständnis von Kultur Vorschub leisten, und andererseits explorativen Ansätzen, die kulturelle Unterschiede auch innerhalb von Disziplinen und Gemeinsamkeiten über Disziplinengrenzen hinweg erschließen können. Im zweiten Teil des Seminars wollen wir selbst ausgehend von empirischen Daten (Survey-Daten aus der Wissenschaftsbefragung sowie bibliometrischen Daten) eigene Analysestrategien entwickeln, die die Fachkulturforschung voranbringen können.
- Kursverantwortliche/r: Jens Ambrasat