In den 1950er und folgenden Jahrzehnten wurde in der US-amerikanischen, französischen und deutschsprachigen Geschichtswissenschaft zum Teil heftig über Praktiken und Methoden diskutiert. Das umstrittene Thema, an dem sich die Geister einer „neuen“, durch Theorien und Methodologien der Sozialwissenschaften beeinflussten Geschichte und die der traditionelleren, „narrativen“ Geschichte spalteten, war der Umgang mit quantitativen Daten und die Rolle des Computers. Die Diskussion ist begleitet von einer Reflexion über die spezifischen Tugenden und wichtigsten Gegenstände historiographischen Arbeitens.

Wir lesen und diskutieren zentrale Beiträge zu dieser Debatte und verfolgen ihre Vorgeschichte zurück ins 19. Jahrhundert. Wir analysieren die medientechnischen Bedingungen und Forschungsumgebungen der quantitativen Geschichtsschreibung: Rechenzentren, IBM-Maschinen, Lochkarten, aber auch Sekretärinnen, Hilfskräfte und Doktorierende. Wir untersuchen Handbücher zum praktischen Umgang mit Computertechnik und diskutieren beispielhafte quantitativ und computergestützt verfahrende Studien. Nicht zuletzt erlaubt die Rekonstruktion der Debatten um die Einführung des Computers und quantitative Methoden einen kritischen Ausblick auf Ansprüche und Versprechen der Digital Humanities heute. 

Semester: WiSe 2021/22