Hermetosphären (lat.: hermeticus - luftdicht; griech.: sphaira - Kugel) sind geschlossene künstliche Ökosysteme. Das ihnen zugrunde liegende Prinzip der geschlossenen Kultur von Lebewesen wurde 1831 von Nathaniel Bagshaw Ward (1791 - 1868) entdeckt. Mit seinen „Wardschen Kästen“ (Wardian Cases)ermöglichte er ab 1835 den überseeischen Massentransport von Lebendpflanzen, in Folge dessen die Epoche des internationalen Pflanzenhandels, der Planthunter, der Plantagenwirtschaft und des Unterglaskultur anbrach.[1] Darüber hinaus wurde in Folgezeit die private Kultur exotischer Pflanzen und Tiere als Liebhaberei in Wardschen Kästen, später in Aquarien und Terrarien populär.[2] Auch in der heutigen Wirtschaft und Wissenschaft sind Hermetosphären relevant, sei es in Form von In-Vitro-Kulturoder der Forschung in Mikrokosmen.[3]
Seit einigen Jahren sind Hermetosphären als „Miniaturlandschaften in gläsernen Gefäßen“- umgangssprachlich als Flaschengärten bezeichnet - wieder im Trend. Sie sind nicht nur interessante Dekorationsgegenstände, sondern auch faszinierende Lehr- und Lernmittel zur Einführung in die Agrarökologie.
Ausgehend von der praktischen Anlage und Pflege einer eigenen Hermetosphäre erschließen sich die Studierenden sozusagen als „Hermetonauten“ eigenständig und in Kleingruppen agrarkulturelle und agrarökologische Grundlagen.
Im Mittelpunkt dieser Lehrveranstaltung stehen:
a) das Anlegen und Pflegen einer eigenen Hermetosphäre,
b) die originalen Begegnungen,
c) die Beobachtung organischer und anorganischer Prozesse,
d) die Erfahrung von Phänomenen des Lebendigen,
e) Interaktionen mit Pflanzen,
f) die Reflexion der Erfahrungen und Erkenntnisse unter Bezugnahme auf agrarökologischer Fachliteratur (insbesondere der Biologie/Ökologie/Agrarwissenschaften),
g) der Einstieg in wissenschaftliches Arbeiten.Die Erfahrungen und Erkenntnisse der Studierenden werden in einem Portfolio dokumentiert. Portfolios im hochschuldidaktischen Kontext sind systematische Materialsammlungen die den Prozess der Erfahrung und Wissensaneignung zu einem Thema wiedergeben und reflektieren. [1] Die Erarbeitung des Portfolios ist ein Teil der Modulabschlussprüfung.
Das Brückenmodul findet in hybrider Form statt, d.h. es werden bestimmte Veranstaltungsteile in Präsenz und andere digital stattfinden. Sollten einzelne Präsenzveranstaltungen aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht durchführbar sein, werden wir ein digitales Ersatzformat anbieten. diese digital realisieren. Die Studierenden nehmen an einer empirischen Studie zum Lehren und Lernen mit Hermetosphären teil. Die Studienergebnisse werden den Studierenden am Semesterende vorgestellt. Die Anzahl der Seminarteilnehmer*innen ist aufgrund unserer räumlichen Kapazitäten auf max. 18 begrenzt.
Unser erstes Seminar findet am Donnerstag, 11. November 2021, 12:15 bis 15:45 Uhr statt.
Der Treffpunkt ist:
Humboldt-Universität zu Berlin
Campus Nord Haus 32 (siehe Lageplan)
Fachgebiet Agrarökologie (3. Etage)
Seminarraum (Raum 312)
Luisenstr. 53
10117 Berlin
Dozenten:
Dipl.-Ing. Dieter Franz Obermaier
Garten- und Landschaftsarchitekt & Landschaftsgärtner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Agrarökologie der Humboldt-Universität zu Berlin
Kontakt: dieter.franz.obermaier@hu-berlin.de
Prof. Dr. Marcel Robischon
Leiter des Fachgebietes Agrarökologie der Humboldt-Universität zu Berlin
Kontakt: marcel.robischon@agrar.hu-berlin.de
Literatur, Homepages und Links:
Martin, Konrad & Sauerborn, Joachim (2006): Agrarökologie. Ulmer Verlag Stuttgart
Beachten Sie bitte: Sie haben über das Suchportal Primus der HU Bibliothek einen Online Zugriff auf dieses Lehrbuch!
Links zur Hermetosphäre von David Latimer:
https://www.thetimes.co.uk/article/plant-survives-50-years-locked-in-a-bottle-nhd8gps0rvm
Homepage von Dipl. Biologe Ulf Soltau zu Hermetosphären:
https://ulfsoltau.wordpress.com/pflanzen/
Hompage der Agrarökologischen Werkstatt zu Flaschengärten:
Homepage zu Stoffkreisläufen in Hermetosphären:
https://www.keinsteins-kiste.ch/hermetosphaeren-eine-welt-im-glas-stoffkreislaeufe-im-wohnzimmer/
Link zu einem Kunstprojekt „Pflanzenschau“ der Universität Leipzig:
https://studienart.gko.uni-leipzig.de/wunderkammer/
Link zum Dachbodenfund des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem:
https://www.museumsportal-berlin.de/de/magazin/blickfange/wardsche-kasten-ein-dachbodenfund/
Homepage der Fa. EcoSphere Europe
[1] Vgl.: Seidel, Wolfgang (2012): Die Weltgeschichte der Pflanzen. Eichborn Verlag, Frankfurt a. Main, 2. Auflage.
[2] Vgl.: Vennen, Mareike (2018): Das Aquarium: Praktiken, Techniken und Medien der Wissensproduktion (1840-1910). Wallstein Verlag Göttingen.
[3] Vgl.: Gstraunthaler, Gerhard & Lindl, Toni (2013): Zell- und Gewebekultur: Allgemeine Grundlagen und spezielle Anwendungen. Springer-Verlag Berlin und Heidelberg.
[4] Mikrokosmen in der Forschung: Beispielsweise der Chemikalieneinfluss auf Bodenlebewesen.
Vgl.: https://www.dbu.de/708ibook82048_38397_2486.html
[5] Sperl, Ina (2021): Trend zu Flaschengärten: Kosmos im Glas. In: Frankfurter Allgemeine / FAZ.net, 07.01.2021
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wohnen/garten/trend-zu-flaschengaerten-kosmos-im-glas-17119249.html
- Kursverantwortliche/r: Marcel Robischon