In diesem Q-Team werden wir die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Konzepten und Vorstellungen von Natur und Klimawandel in verschiedenen religiösen, spirituellen und sozialen Bewegungen bzw. zeitgenössischen Gruppen in Berlin auf der Grundlage eigener Feldforschungen herausarbeiten.

Einführend befassen wir uns mit den ontologischen Vorstellungen von Natur und Klima in kultureller und historischer Sicht. Zum Finden von geeigneten Gruppen wird es konkrete Anregungen geben - von Kardezismus, Umbanda, Candomblé, Mazdaznan, Anastasia bis zu Fridays for Future, Extinction Rebellion oder Waldbaden - aber die Studierenden können ebenso gerne geeignete Gruppen vorschlagen. Folgende Forschungsfragen könnten sich dabei ergeben:

  • Befördert die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe den Gedanken der Nachhaltigkeit für den Planeten bzw. wirken Religionen, Spiritualität und soziales Engagement auf einen gesellschaftspolitischen Aktivismus ein?
  • Gibt es einen Unterschied zwischen umweltschützerischem Aktivismus und strukturellem Wandel?
  • Auf welche Konzepte von Natur und Klima beziehen sich die jeweiligen Gruppen? Bilden sie eigene Ideen aus, was Natur ist? Sind diese Vorstellungen europäisch oder außereuropäisch geprägt?
  • Inwiefern ist die Wahrnehmung von Natur als gleichwertiges Gegenüber und zu schützende Sphäre durch die Sars-Covid-19-Pandemie beeinflusst worden?

In diesem Kursus wird ein besonderer Fokus auf einer kurzen und am Thema ausgerichteten Forschungen in Berlin liegen (aber auch bereits laufende Forschungen können hier ihren Platz finden). Nach einer konzeptuellen und theoretischen Phase in den ersten zwei Monaten des Semesters, werden im Dezember eigenständige Feldforschungen in der klassischen Ausrichtung (Interviews, Beobachtung, Tagebuch) und womöglich durch grenzüberschreitende Erweiterungen (Living Fieldwork, Auto-Ethnographie, Emotionstagebuch, pandemiebedingt ggf. als Netnographie) durchgeführt, die durch ein individuelles Feedback durch die Leiterin des Q-Teams begleitet und im Anschluss im Januar 2022 in der Gruppe diskutiert werden.

Der diesem Team zugrundeliegende Ansatz ist der des Forschendes Lernens, in dem ein offener Dialog jenseits akademischen Habitus und eines verklausulierten Sprachgebrauchs im Vordergrund steht und wir uns als ein studentisches Forschungsteam verstehen. Wichtig soll neben der inhaltlichen Auseinandersetzung deswegen auch die kritische und wohlwollende Reflexion des Forschungs- und Erkenntnisprozesses sein, in dem Fragen, Zweifel, Hypothesen, Bestätigungen, Neuformulierungen und Exhaustierung des Themas bedeutend sind. Es sollte eine Offenheit bestehen, nicht schon vor der Forschung alle Antworten zu kennen, sondern sich vom Feld überraschen zu lassen.

Das Q-Team ist an das Postdoc-Forschungsprojekt Spirituelle Utopien und soziale Transformation. Anthropologische Zukunftsforschung in neuen religiösen Bewegungen in der postmigrantischen Gesellschaft von Inga Scharf da Silva angegliedert. In dieser Forschung, die im Sinne einer kritischen Europäisierungsforschung steht, bildet die Natur eine wichtige, aber nicht die einzige Kategorie des Imaginierens einer möglichen und guten Zukunft.

Die Ergebnisse dieses Q-Teams sollen der breiteren Öffentlichkeit über einen gemeinsamen wissenschaftlichen Beitrag in einer Fachzeitschrift zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus können die Erkenntnisse, aber vor allem der Forschungsprozess in einem eigenen Blog dokumentiert werden.

Semester: SoSe 2021