Das interdisziplinär angelegte Seminar beschäftigt sich mit der wissenschaftshistorisch spannenden intellektuellen Konstellation an der Leipziger Universität zwischen 1948 und 1956. Dazu gehörten der Philosoph Ernst Bloch, der Revolutionshistoriker Walter Markov, der Romanist und Aufklärungsforscher Werner Krauss, der Literaturwissenschaftler Hans Mayer, dazu zählen lassen sich auch der Theologe und Religionssoziologie Emil Fuchs oder der Sprachwissenschaftler und Altphilologe Franz Dornseiff. Sie waren durchweg Gegner des NS, die größtenteils bewusst vom westlichen Teil Deutschlands in den Osten übersiedelten. Für eine kurze Zeit schien ein breites antifaschistisch-demokratisches, marxistische wie bürgerliche Intellektuelle umfassendes Bündnis möglich. Dieses Experiment scheiterte nach dem 20. Parteitag und den Aufständen in Polen und Ungarn 1956. Wir wollen uns im Seminar mit der topographischen Konstellation und ihren Bedingungen, vor allem aber mit den sehr unterschiedlichen theoretischen Ansätzen dieser Denker und ihrem Zusammenwirken beschäftigen. Innerhalb der DDR war Leipzig ein Erinnerungsort (lieu de mémoire) vieler kritischer Intellektueller, der in der offiziellen Erinnerungskultur der DDR ebenso verschwiegen wurde wie er heute weitgehend vergessen ist.

Semester: WiSe 2021/22