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Eng verbunden mit der Kulturtechnik des Schreibens  – gleichsam ihr Gegenstück – rückt in den letzten Jahren die Kulturtechnik des Lesens in den Blick, die in zahlreichen „Leseszenen“ in der Literatur inszeniert und reflektiert wird. In der Auseinandersetzung mit der Kulturtechnik des Lesens geht es dabei nicht nur und nicht in erster Linie um die hermeneutische Frage, wie ein geistiger, schriftlich übermittelter „Inhalt“ zu verstehen ist, sondern um die Auseinandersetzung mit einem raum-zeitlichen, sinnlich-körperlichen, technisch-materiellen, kulturell-gesellschaftlichen Phänomen. Welche Macht-, Markt- und Konsumbedingungen spiegeln sich in Leseszenen, was sagen sie über Geschlechterverhältnisse aus, welche Techniken, Medien und Schauplätze kommen ins Spiel?

Das Seminar widmet sich diesen Fragen in ausgewählten Texten aus Literatur und Philosophie vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, wie F. Schlegel, F. Nietzsche, R. Barthes, Christa Wolf oder Bernhard Schlink. Ein Schwerpunkt der ausgewählten Texte wird dabei auf der Frage liegen, welche Formen der Produktivität sich im Lesen entfalten. Ein weiterer Schwerpunkt widmet sich der Wechselwirkung von Textstruktur und Lektürechoreographie.

Ein Textreader wird zu Beginn des Seminares zur Verfügung gestellt.

Bemerkung:

Wenn die pandemische Lage eine Exkursion zulässt, möchte das Seminar auch einen Einblick in die Lesewerkstatt der historisch-kritischen Edition an der Schleiermacher-Forschungsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften geben. Am konkreten Beispiel ausgewählter Manuskripte, beim Entziffern und Transkribieren werden viele Probleme der Kulturtechnik des Lesens konkret erfahrbar.

 

Die erste Sitzung am 20.10.21 (10:00-12:00) findet online statt und kann mit folgendem Link besucht werden:

 https://hu-berlin.zoom.us/j/64496741432?pwd=dkt6VjRwMVBnYnBoRUk4SnE4WU0vZz09

Ab dem 27.10.21 (10:00-12:00) wird das Seminar im Raum DOR 24 : 1.301 stattfinden.

Literatur (Auswahl):

  • Bickenbach, Matthias. Von den Möglichkeiten einer ›inneren‹ Geschichte des Lesens. Tübingen 1999.
  • Bunzel, Wolfgang, „Schreib/-Leseszenen, in: Der Brief – Ereignis & Objekt. Ausstellungskatalog, hg. von Waltraud Wiethölter u. Anne Bohnenkamp. 2008, 237-262.
  • Griem, Julika. Szenen des Lesens: Schauplätze einer gesellschaftlichen Selbstverständigung (Wie wir lesen - Zur Geschichte, Praxis und Zukunft einer Kulturtechnik).  Bielefeld 2021.
  • Hron, Irina. Leseszenen: Poetologie – Geschichte – Medialität. Heidelberg 2020.
  • Parr, Rolf / Honold, Alexander (Hg.). Grundthemen der Literaturwissenschaft: Lesen. Berlin /Boston 2018.
  • Manguel, Alberto. Eine Geschichte des Lesens. Berlin 2000.
  • Philipp, Maik: „Geschlecht und Lesen“. In: Rautenberg, Ursula / Ute Schneider (Hg): Lesen: Ein interdisziplinäres Handbuch, Berlin/ Boston: De Gruyter 2018: 446-468.


Semester: WiSe 2021/22