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Deutsche Kommunist*innen, die vor nationalsozialistischer Verfolgung in die Sowjetunion flohen, trafen dort nicht nur auf politische Unterstützung und Solidarität. Das nächtliche Geräusch des Fahrstuhls im Hotel „Lux“ oder „Metropol“ und die Lubjanka wurden zu Schlüsselmomenten einer Erfahrung, von der in der DDR bis in die 1980er Jahre nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen werden konnte. Erst nach und nach begannen Zeitzeug*innen von sich ausbreitendem Misstrauen, von einem Klima der Verdächtigung und allgegenwärtiger Angst, von stalinistischen Schauprozessen und GULAG-Haft zu berichten. Auch wer Parteidisziplin und Selbstzensur endlich überwand und sich seinen Gewalterfahrungen stellte, konnte mit der (unzensierten) Publikation seiner Memoiren oder Erzählungen erst Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs rechnen. Das politische Agieren vieler Ost-Exilant*innen in der frühen DDR erklärt sich in einem entscheidenden Maße aus dieser prägenden biographischen Erfahrung heraus.


Lit.: Margarethe Buber-Neumann: Als Gefangene bei Hitler und Stalin (1948); Trude Richter: Totgesagt. Erinnerungen (1990); Irina Liebmann: Wäre es schön? Es wäre schön! Mein Vater Rudolf Herrnstadt (2008); Eugen Ruge: Metropol (2019); Jahrhundertschicksale. Frauen im sowjetischen Exil. Hg. von Simone Barck, Anneke de Rudder, Beate Schmeichel-Falkenberg (2003); Antje Vollmer, Hans-Eckardt Wenzel: Konrad Wolf. Chronist im Jahrhundert der Extreme (2019)


Studienleistung: drei schriftliche Text- bzw. Film-Analysen von je einer Seite



Semester: WiSe 2021/22