Nicht nur in den USA, auch in Europa regt sich nicht zuletzt seit der Tötung George Floyds bei einer gewaltsamen Festnahme in Minneapolis im Mai 2020 zunehmend Protest gegen Rassismus und die staatliche und gesellschaftliche Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe ebenso wie die kaum reflektierte Erinnerung an koloniale Vergangenheit im öffentlichen Raum. Prominente Beispiele sind etwa der Umsturz einer Statue des britischen Sklavenhändlers Edward Colston in Bristol im Juni 2020 und die schon seit den 1990er Jahren geführte Debatte über die Umbenennung der in unmittelbarer Nähe zum Institut für Geschichtswissenschaften verlaufenden Mohrenstaße.
In einer ambitionierten Untersuchung hat der US-amerikanische Historiker Ibram X. Kendi die dieser Diskriminierung zugrundeliegenden „rassistischen Ideen“ bis in die Frühe Neuzeit zurückverfolgt. In diese Zeit fallen nicht nur die großen „Entdeckungsfahrten“, sondern auch der Beginn und die „Blütezeit“ des transatlantischen Sklavenhandels. Seit mindestens den 1940er Jahren konstatiert die Forschung einen Zusammenhang zwischen antischwarzem Rassismus und afrikanischer Sklavenarbeit insbesondere auf Plantagen in den Amerikas, auch wenn die Natur dieses Zusammenhangs kontrovers diskutiert wird. Gleichwohl richtet sich Rassismus weder in den USA noch in Europa ausschließlich gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe, wie jüngst etwa der Anschlag auf eine Synagoge in Halle im Jahr 2019 gezeigt hat. Beispiele für Judenhass und im Extremfall die Ausweisung von Juden – wie beispielsweise 1492 in der iberischen Halbinsel geschehen – finden sich in der Frühen Neuzeit immer wieder.
Welche Rolle spielten Konzepte wie „Rasse“, Hautfarbe und andere Merkmale bei der Konstruktion von Alterität in der Frühen Neuzeit? Dieser Frage werden wir in diesem Kurs ausgehend von Kendis Konzept der „rassistischen Ideen“ nachgehen und uns dabei mit der aktuellen Forschung zur Geschichte des Rassismus ebenso vertraut machen, wie mit anderen Formen der Konstruktion von Alterität. Wie hilfreich ist Kendis Konzepte und wie belastbar sind die Entwicklungslinien, die sich aus seiner Anwendung ergeben?
Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme an diesem Seminar ist die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Sekundärliteratur und Primärquellen.
- Kursverantwortliche/r: Dr. Tobias Graf
- Kursverantwortliche/r: Dr. Tobias Graf (FAU)
- Kursverantwortliche/r: Leonhard Horowski