Unter dem Einfluß der Anthropologie und der Mikrosoziologie hat sich die Geschichtswissenschaft in den letzten Jahrzehnten immer mehr auf Akteure, Subjekte und Handeln konzentriert denn, wie vor allem in der Sozialgeschichte, auf Strukturen und Prozesse. Bei der Praxeologie handelt es sich um eine Radikalisierung handlungstheoretischer Ansätze: Anders als in der klassischen Handlungstheorie postuliert sie, dass unser alltägliches Tun nicht so sehr auf „Sinn“ orientiert ist denn in Routinen, Eingeübtem oder Ritualen abläuft. Der Blick richtet sich damit auf das Selbstverständliche und Nichtartikulierte. „Strukturen“ sind demgemäß nur zu denken als auf Dauer gestelltes Handeln. Derzeit gibt es in der Geschichtswissenschaft nicht nur eine rege theoretische Diskussion, sondern auch inzwischen viele empirische Beispiele historischer Praxeologie. Die Übung möchte, ausgehend von theoretischen Überlegungen, einige dieser empirischen Beispiele diskutieren und so auch Anleitungen für eigenes praxeologisches Forschen geben.

Semester: SoSe 2021