„Gewalt liegt immer im Auge des Betrachters,“ schreiben die Anthropolog*innen Nancy Scheper-Hughes und Philip Bourgois in ihrer Einleitung zu Violence in War and Peace. Was bedeutet eine anthropologische Perspektive auf Gewalt und wie unterscheidet sie sich von einem philosophischen oder rechtlichen Blick auf das Thema?

Im ersten Teil des Seminars besuchen wir anhand der Lektüre von klassischen theoretischen Texten und konkreten ethnographischen Beispielen zunächst unterschiedliche Schauplätze von Gewalt. Wir widmen uns gewaltvollen Phänomenen wie Krieg, Kolonialismus und Genozid ebenso wie den Spuren, die Gewalt hinterlässt, sowie Formen von alltäglicher, struktureller Gewalt. Wie stehen all diese Phänomene in Verbindung? Welche sozialen und kulturellen Annahmen ermöglichen und legitimieren Gewalt? Und umgekehrt: Welche Formen des Zusammenlebens werden durch sie normalisiert?

Im zweiten Teil des Seminars beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen von verschiedenen Erklärungen für Gewalt. Welche Konsequenzen haben diese für Ideen von und Kämpfe für Gerechtigkeit? Abschließend diskutieren wir die Rolle der Anthropolog*in in Bezug auf das Phänomen Gewalt und beschäftigen uns kritisch mit den Möglichkeiten und (praktischen) Grenzen einer Anthropologie der Gewalt.

Die Seminartexte sind vorwiegend auf Englisch, es wird jedoch versucht, wann immer möglich, auch Übersetzungen, sowie ergänzend alternative Formate der Wissensvermittlung (z.B. Podcasts/Graphic Novels) anzubieten. Die Auseinandersetzung mit den Texten bietet die Grundlage für Diskussionen im digitalen Seminarraum, die durch Inputvorträge der Teilnehmenden, wie auch der Dozierenden und gemeinsame Textarbeit im digitalen Raum und in Kleingruppen ergänzt werden. Das Seminar findet rein synchron per Videokonferenz statt.

Semester: SoSe 2021