Diesen Kurs in AGNES anzeigen.

Achill galt immer schon als der Homerische Held schlechthin, aber er zählt nicht erst seit Christa Wolfs Kassandra-Ruf „Achill, das Vieh“ zu den umstrittensten Figuren. Schon in Ovids Metamorphosen (12,592) heißt er „blutrünstiger als der Krieg selbst“. Schaut man sich die Ilias etwas genauer an, entdeckt man auch dort schon zahlreiche Hinweise, dass die kriegerischen Heroen nicht so sehr zur Identifikation angeboten, sondern als höchst problematische Gestalten dem Urteil der Rezipienten überantwortet werden. Gewiss, antike Epen sind nichts für schwache Nerven (Gemetzel aller Arten, versklavte Frauen als Männertrophäen), trotzdem eröffnen sie komplexe und erstaunlich modern anmutende Einblicke in Strukturen der Wirklichkeit und der Psychologie. 
Ziel des Seminars ist es, Einblick in den aktuellen Stand der Forschung zu Homer zu geben, moderne Lesarten des Textes vorzustellen und den Aberglauben zu widerlegen, dass es je ‚naives’ Erzählen gegeben habe. Im Schlussteil des Seminars sehen wir uns Achill aus römischer und (leider nur fingierter) weiblicher Perspektive an.

Text: Homer, Ilias, übers. v. W. SCHADEWALDT, Frankfurt a. M. 2004 (1.Aufl. 1975), 12 €; Homer, Ilias, übers. v. R. HAMPE, Ditzingen 1986, 8 €. (Hinweis: Schadewaldts Übersetzung in rhythmischer Prosa ist genauer, die Versübersetzung von Hampe durch Verszählung und Personenverzeichnis besser benutzbar.)
Einführung: A. RENGAKOS, B. ZIMMERMANN (Hg.), Homer Handbuch. Leben–Werk–Wirkung. Stuttgart 2011 (z.Zt. online unter HU-PRIMUS frei zugänglich). – Ovid, Metamorphosen, Lat.-Dt., hrsg. v. N. HOLZBERG, Berlin 2017. – Ovid, Liebesbriefe-Heroides, Lat.-Dt., hrsg. v. M.B.HÄUPTLI, Düsseldorf u.a.2001 (beides in HU-PRIMUS online frei zugänglich). – M. MARTINEZ, M. SCHEFFEL, Einführung in die Erzähltheorie, München 2020 (11. Aufl.). – Weiteres Material und ein Plan werden Anfang April in Moodle hochgeladen; Password per Mail auf Anfrage.
Vorbereitung: Die Lektüre der Ilias vor dem Seminar ist zu empfehlen.

Semester: SoSe 2021