„Liberal“ und „konservativ“ sind ein gängiges Begriffspaar, um gegenläufige politische Grundanschauungen zu bezeichnen. Entsprechend ist auch die Historiografie über das späte Zarenreich von ihm geprägt, zu einem geringeren Maße auch der zeitgenössische Diskurs. Doch diese Bezeichnungen sind schon deshalb trügerisch, weil sie Einheitlichkeit suggerieren, wo tatsächlich unterschiedlichste Kriterien nebeneinander existierten. Gerade der Vergleich der russischen mit der westeuropäischen Verwendung der Begriffe zeigt, wie verschieden ihr Sinngehalt sein konnte. Im Seminar wird anhand ausgewählter Quellen und Literatur diskutiert, welche Rolle diese Großbegriffe im russischen Diskurs des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts spielten, welchen ideengeschichtlichen Verflechtungen ihre spezifische Deutung entsprang, und welche Funktionen sie erfüllten. Dabei wird immer auch danach gefragt, welchen Erkenntniswert die Begriffe „liberal“ und „konserativ“ heute haben.
- Kursverantwortliche/r: PD Dr. David Feest