Carlo Levis Cristo si è fermato a Eboli von 1945 ist ein Text, dessen Status sich zwischen Autobiographie, Roman, anthropologischem Essay und ethnologischer Feldstudie bewegt und in Italien dennoch seit Jahrzehnten der eines Klassikers ist. Levi setzt sich hier mit seiner von 1935 und 1936 andauernden Verbannung nach Grassano und Aliano in der süditalienischen Region Lucania (heute Basilicata) auseinander und beschreibt das Leben der dort von Christentum und Moderne scheinbar vergessenen Menschen in Kategorien des Archaischen. Levis Text gilt als ›stimolo determinante‹ für die Expeditionen, die der Ethnologe Ernesto de Martino in den frühen 1950er Jahren nach Lukanien unternahm und die am Anfang des ›etnocentrismo critico‹ stehen, eines ethnologischen Forschungsansatzes, im Rahmen dessen die eigenen analytischen Kategorien ebenso wie der eigene Beobachtungsstandpunkt kritisch zur Diskussion gestellt werden.

Ausgehend von Levis Roman und von Studien De Martinos werden wir uns im Seminar mit dem autoethnographischen Ansatz ebenso beschäftigen wie mit dem Entwurf einer »Universalität der agrarisch geprägten, magischen Welt Süditaliens« (Ulrich van Loyen), von der u. a. auch das italienische Kino der Nachkriegsjahre (Federico Fellini, Pier Paolo Pasolini) geprägt ist. Cristo si è fermato a Eboli wird zur Anschaffung empfohlen und sollte bis zur 2. Seminarsitzung gelesen worden sein. Dieses Seminar setzt Italienischkenntnisse voraus.

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