Kaum etwas ist einem vertrauter als der eigene Körper. Das spiegelt sich etwa in der Tatsache wieder, dass wir vom Körper als einem Eigentum sprechen, davon einen Körper zu haben. Gleichzeitig ist der Körper eine permanente Quelle der Fremdheit. Denn es gibt körperliche Ereignisse, in denen dieses Eigentumsverhältnis gestört und subvertiert wird, in denen man auf den Körper sozusagen reduziert wird: Lust und Unlust, Angst und andere Affektzustände und schließlich Krankheit und Sterblichkeit. Die Verhandlung von unserer körperlichen Subjektivierung verläuft daher in der Kluft zwischen diesen beiden Momenten: Sein und Haben. Welche subjektiven und politischen „Schicksale“ werden hervorgebracht, wenn man auf seine Körperlichkeit reduziert wird oder wenn man etwa für den Blick des Anderen, für das Gesetz oder für die Gesellschaft nichts mehr als ein (minoritärer) Körper ist? Wichtige Überlegungen zu dieser Problematik finden sich in der Gesellschaftskritik, dem Antikolonialismus und der Genderforschung, aber auch in Ästhetik und Psychoanalyse. Das Seminar wird sich auf die Probleme konzentrieren, die mit der Verdopplung von unseren körperlichen Existenzen einhergehen. Es wird vornehmlich darum gehen, eine Kritik der Körperpolitik der Moderne und der Gegenwart zu verfolgen, wobei neben den schon erwähnten Richtungen ein Dialog mit der Psychoanalyse, der Linguistik und den Lebenswissenschaften aufrechterhalten wird, die den Begriff des Körperlichen entscheidend erweitert, herausgefordert und verkompliziert haben.

Semester: WiSe 2020/21