Der Essay bewegt sich an der Grenze zwischen Literatur und Wissenschaft. Er bildet durch seine pointierte Ausdrucksweise und seinen experimentellen Charakter spezifische Formen von Kritik aus. Im Seminar werden verschiedene Beispiele für aphoristische, fragmentarische und essayistische Schreibweisen vorgestellt. Nach einem allgemeinen Einblick in die Geschichte des essayistischen Schreibens wird eine Auswahl von Kurztexten, in denen die Form des Essays auch reflektiert wird, exemplarisch vorgestellt, um zum eigenständigen Schreiben von Essays anzuregen. Ein Schwerpunkt der behandelten Texte wird im 20. Jahrhundert liegen: die Essays von Siegfried Kracauer und Walter Benjamin sowie Theodor W. Adornos kritische Theorie, der Strukturalismus von Roland Barthes sowie der Feminismus von Donna Haraway praktizieren und reflektieren die Hinwendung zu kurzen Formen der Kritik im selben anti-systematischen Interesse. Warum wird Kritik ab einem bestimmten historischen Zeitpunkt bevorzugt in den genannten Kurzformen geübt? Welche allgemeinen Vorstellungen von Gesellschaft, von den Kräften und der Wirkung von Kritik spielen bei der Verwendung von literarischen Kurzformen eine Rolle? Die genannten Beispiele können im Laufe des Semesters durch die Texte zeitgenössischer Schreibender ergänzt werden.

Semester: WiSe 2020/21