Der Blick von Nirgendwo: so lautete die Formel für die Objektivität, welche die Wissenschaften für sich in Anspruch nahmen. So lautete aber auch die Formel für die Universalität, welche die neuzeitlichen Kunstauffassungen und die Narrative der Entwicklung der Kunstformen für sich behaupteten. Dieser Anspruch auf Universalität wird heute aus postkolonialer und technoökologischer Sicht für seine kolonialen Verblendungen sowie für die verheerenden Folgen seines Anthropozentrismus kritisiert. Die Debatte greift bis in die zeitgenössischen Kunstpraktiken und die kuratorischen Entscheidungen hinein, die das überlieferte Verständnis von Kunst bestreiten und es erweitern möchten. Diese Erweiterung drückt also nicht bloß eine
Neuverhandlung der Weltverhältnisse aus, sondern beansprucht die westliche Kunstgeschichte und den bürgerlichen Kunstbegriff zu revidieren. Und dennoch besteht unter veränderten Bedingungen d
as Anliegen der Künste, ein Gemeinsames zu adressieren, heute fort:
als Erscheinungsraum oder als gemeinsame Welt – so vielfältig, offen und unbestimmbar diese auch gemeint sein mögen.
Das Seminar geht dem Fortbestehen dieses Anliegens und seiner
gegenwärtigen Transformation nach.
Semester: WiSe 2020/21